Mittwoch, 20. Januar 2010

Der Bund von eben

Ist schon länger her, was man allein schon daran sehen kann, dass es das Cafè, in dem diese wahre Geschichte spielt, so schon längst nicht mehr gibt - zumindest nicht an diesem Ort in der Frauenstraße in Münster, wo es über 25 Jahre eigentlich immer war. Wir sitzen also an einem ganz normalen Wochentag gemütlich beim Kaffee zwischen all den anderen Nichtstuern und langhaarigen Bombenlegern und kommen uns vor allem eins vor: alt. Abba das tut gezz gerade mal gar nix zur Sache. Ist halt so, wenn das eigene Studium 15 Jahre oder weiter zurück liegt. Abba was wollte ich eigentlich sagen?


Hach, das alte Malik! Und: schnüff!

(Foto gefunden auf und verlinkt mit: blogs.arte.tv/)

Ach ja: Wir sitzen also an diesem recht frühen Vormittag da so ahnungslos rum und hören aus dem Nebenraum plötzlich ein deutlich vernehmbares "Fump". Das geschulte Erwachsenen-Ohr weiß sofort: Aha, da gibt es wohl was zu feiern. Und wir denken ob der Uhrzeit spontan an: Examen! Geburtstag! Hochzeit! Und ich sage zur Kellnerin total schlagfertig: "Och, da gips ja wohl was zu feiern!". Und sie lakonisch: "Ja, das ist ne Scheidungsgesellschaft."

Das Wort war mir bis dahin neu, aber ich fand das nicht allzu weit hergeholt, denn manchmal ist das ja (leider) so, dass es auch dann oder sogar gerade dann was zu feiern gibt, wenn der Mensch getrennt hat, was Gott zusammenfügte. Und ich dachte bis gestern, dass das lediglich so eine kleine Schnurre aus Westfalen sei und eine meiner kleinen Privat-Widerfahrungen. Aber von wegen. Da lese ich doch in der Süddeutschen Zeitung vom 19. Januar 2010, dass der Trend längst zum Wirtschaftszweig geworden ist.

Mittlerweile gibt es sogar sogenannte "Scheidungstische" in den Haushaltsläden und - da gibt es nix zu lachen - Glückwunschkarten mit dem Leitspruch "Endlich geschieden - alles Gute im neuen Leben!"*. Und ein Sprecher der Branche (!) sagte, dass das mit den Geschenklisten ja schließlich auch Sinn mache, denn der Getrennte habe häufig keinen vollständigen Haushaltsstand mehr und verfüge oft genug nicht über eine eigene Waschmaschine, eine eigene Küche oder manchmal sei es sogar ganz schlimm, dann fehle sogar ein eigener Fernseher. Grausames Leben nach einem unachtsamen "Ja" an der falschen Stelle.

Und ich dachte mal wieder, dass es mir wie so oft in meinem Baby-Boomer-Leben ging: Zu früh das Richtige gemacht, zu spät an eine Geschenkliste gedacht, keine Einladungskarten verschickt - und wieder ohne eigene Waschmaschine einfach so mal wieder von vorne angefangen. Habe ich mir einfach keine weiterführenden Gedanken drüber gemacht, denn der Bund fürs Leben ist halt doch manchmal nur der Bund von eben.

* Ganz schlimm: Es gibt auch Karten für Scheidungskinder, die - glaube ich kinderloser Mensch zumindest - niemandem helfen, am allerwenigsten denjenigen, für die sie angeblich gemacht sind. Aber selbst das stimmt ohnehin nicht: Die Karten sind vielmehr für Scheidungsausführende, die Kinder haben. Und die sich dann eventuell besser fühlen, wenn sie so eine Karte verschicken (lassen). Ich glaube allerdings, dass sich bei diesen Karten alle Beteiligten schlechter, schuldiger, trauriger, einsamer und verlassener fühlen - egal ob als Sender oder als Empfänger.

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